Eisenmangel ist weit verbreitet – aber nicht gut verstanden
- Dr. Reiner Kraft

- vor 21 Stunden
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 37 Minuten

Warum Eisen die „versteckte Engstelle“ für Energie, Immunfunktion und Zellgesundheit ist
Eisenmangel zählt zu den häufigsten Nährstoffdefiziten weltweit – und auch in Deutschland ist die Versorgung kritisch. Besonders Frauen sind gefährdet. Eine Analyse der Eisenversorgung in Deutschland zeigt, dass menstruierende Frauen häufig leere Eisenspeicher haben, selbst ohne manifeste Anämie [1].
Auch in meiner Praxis zeigt sich: Ein Großteil der Frauen – und zunehmend auch Männer – weist suboptimale Ferritin-, Transferrin- und TSAT-Werte auf. Beschwerden wie Müdigkeit, Leistungseinbruch, Infektanfälligkeit, Brain Fog oder Schlafstörungen sind typische Begleiter eines funktionellen Eisenmangels.
Doch Eisen ist biochemisch komplex – sowohl in der Messung als auch in der physiologischen Bedeutung.
1. Wie misst man einen Eisenmangel oder die Eisenversorgung zuverlässig?
Laser-Spektroskopie: Blick ins Gewebe
Laser-Spektroskopie (SO/Check) misst Eisen direkt im Gewebe. Damit erkennt man funktionelle Defizite, lange bevor Serumwerte auffällig werden. Ein niedriger Gewebewert bedeutet: Eisen erreicht die Zelle nicht – selbst wenn Laborwerte noch „normal“ erscheinen.
Serumeisen & Vollblut – das „Bargeld“
Serumeisen oder auch Vollblut zeigt nur, was gerade im Umlauf ist: tagesformabhängig, stark schwankend, wenig aussagekräftig.
Es entspricht dem „Bargeld“ – wichtig, aber kein Indikator für die Gesamtversorgung. Aber natürlich auch ein wichtiger Datenpunkt.
Ferritin, Transferrin & Transferrinsättigung – das „Sparkonto“
Ferritin
Ferritin misst den Speicherstatus. Standard-Referenzen der Labore sind zu niedrig, da sie lediglich verhindern sollen, dass eine Anämie entsteht – nicht, dass die Zelle optimal funktioniert.
Optimale therapeutische Zielbereiche:
Frauen: 100 - 130 ng/ml
Männer: 120 - 150 ng/ml
Dabei handelt es sich um therapeutische Zielbereiche, die inviduell angepasst werden sollen (vom Therapeuten). Zu viel Eisen ist auch nicht empfehlenswert, da es sehr anfällig ist durch Oxidationen (man "rostet" auf Zellebene).
Unterhalb dieser Bereiche zeigen funktionelle Untersuchungen klare Einschränkungen: verminderte ATP-Bildung, gestörte Eisen-Schwefel-Cluster, reduzierte Entgiftungskapazität und eine schwächere TH1-Immunantwort [2,3].
Wichtig: CRP (Entzündungsmarker) immer mitbestimmen, da Ferritin bei Entzündungen künstlich erhöht sein kann. Erhöhtes Ferritin in dem Fall kann man auch als einen Entzündungsmarker ansehen.
Transferrinsättigung (TSAT)
Die Transferrinsättigung (TSAT) ist einer der wichtigsten, aber am häufigsten übersehenen Marker der funktionellen Eisenversorgung. Sie zeigt an, wie viel Prozent des Transportproteins Transferrin tatsächlich mit Eisen beladen sind.
Transferrin ist der „Eisentransporter“ im Blut. Die Transferrinsättigung gibt an:
Wie viel Eisen steht Zellen wirklich jetzt gerade zur Verfügung?
Das macht TSAT zu einem der präzisesten Marker für:
nutzbare Eisenverfügbarkeit
die Fähigkeit des Körpers, Eisen an Gewebe, Mitochondrien und Immunsystem abzugeben
das Verhältnis von Transportkapazität zu realer Beladung
TSAT-Bewertung:
< 20 % → funktioneller Mangel (Hepcidinblockade oder Zufuhrproblem)
25–35 % → funktionell optimal
Eine niedrige TSAT zeigt, dass zwar Transportkapazität vorhanden ist, aber kaum Eisen gebunden wird.
Typische Ursachen:
echter Eisenmangel
funktioneller Eisenmangel (z. B. bei Entzündung / erhöhtem Hepcidin)
chronischer Stress
Infektionen
chronische Erkrankungen
Mitochondrienstress (Eisen wird „zurückgehalten“)
Konsequenz:Zellen, Mitochondrien und Immunsystem haben zu wenig frei verfügbares Eisen, selbst wenn Ferritin nicht extrem niedrig ist.
Ein erniedrigter TSAT bei „normalem“ Ferritin zeigt, dass Eisen nicht in der Zelle ankommt, oft durch Entzündungsblockaden.
2. Warum Eisen so wichtig ist – die drei kritischen Systeme
Erythrozyten & Hämoglobin

Eisen ist Grundbaustein des Hämoglobins. Bereits moderat erniedrigte Speicher führen zu:
eingeschränktem Sauerstofftransport
erhöhter Herzfrequenz
Abnahme der körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeit
Kopfschmerzen, kalte Hände/Füße
Haarausfall
Viele dieser Symptome treten auf, noch bevor eine Anämie im Blutbild sichtbar wird [2].
Mitochondrien & Energie
Eisen ist unersetzlich für:
Komplex I, II, III, IV der Atmungskette
Eisen-Schwefel-Cluster (Fe-S)
Aconitase im Zitratzyklus
Cytochrome für Energie & Detox
Sauerstoffhandling in jeder Zelle
Wenn Eisen fehlt:
ATP sinkt
oxidativer Stress steigt
Regeneration verlangsamt sich
Entgiftungskapazität wird schwächer
Stressresilienz bricht ein
Viele Menschen mit „Burnout-ähnlichen“ Symptomen haben eigentlich einen mitochondrialen Eisenmangel [3].
Immunsystem
Eisen beeinflusst das Immunsystem in beide Richtungen:
TH1-Immunantwort benötigt Eisen für Interferon-γ
Lymphozyten benötigen Eisen für Zellteilung
Makrophagen speichern Eisen bei Entzündung (Nutritional Immunity)
Ferritin steigt bei Inflammation, Eisenverfügbarkeit sinkt
Ergebnis: Man fühlt sich erschöpft, obwohl Eisen „normal“ aussieht. Dies ist ein funktioneller Mangel durch Hepcidin-induzierte Blockade [4].
3. Weitere wichtige Funktionen von Eisen
Dopamin- und Serotonin-Synthese
Schilddrüsenstoffwechsel (T4 → T3)
Kollagenbildung & Bindegewebe
Hauterneuerung & Haarwachstum
VO₂max & Muskeleffizienz
Temperaturregulation
Darmbarrierefunktion (Tight Junctions)
4. Warum Eisen so schwer aufzufüllen ist
Konkurrenz durch das Mikrobiom (Siderophore)
Viele Bakterien „stehlen“ Eisen über Siderophore:E. coli, Klebsiella, Staphylococcus, Pseudomonas. Ein dysbiotischer Darm macht eine Eisenauffüllung oft unmöglich, weil Bakterien das zugeführte Eisen abfangen.
Entzündungsblockade durch Hepcidin
Hepcidin blockiert:
Eisenaufnahme im Darm
Freisetzung aus Makrophagen
Transport über Ferroportin
Hepcidin steigt bei:Stress, TNF-α, IL-6, Dysbiose, Östrogenverschiebungen, Infektionen.
Solange Hepcidin hoch ist: Ferritin bleibt niedrig und TSAT bleibt niedrig – egal wie viel Eisen zugeführt wird.
Konkurrenz durch andere Supplements
Viele Substanzen blockieren Eisenresorption, darunter:Magnesium, Zink, Calcium, OPC, Curcumin, Resveratrol, Tee/Kaffee, Ballaststoffe. Darum gehört Eisen allein, mit Vitamin C, und mit Abstand zu allem anderen.
5. Genetik: HFE-SNPs & Hämochromatose-Risiko
Mutationen im HFE-Gen können dazu führen, dass Eisen übermäßig aufgenommen wird. Hier sollte man aufpassen! Wichtige Varianten:
C282Y
H63D
S65C
Diese erhöhen das Risiko einer Hämochromatose – einer Eisenüberladung. Menschen mit diesen Varianten sollten besonders vorsichtig supplementieren und Werte häufiger kontrollieren. Es handelt sich nicht automatisch um eine Erkrankung, aber um eine veränderte Eisenregulation.
6. Eisen richtig auffüllen – optimale Strategie in 6 Schritten
Entzündungen senken (Hepcidin regulieren)
Mikrobiom stabilisieren
richtige Eisenform wählen (Bisglycinat, liposomal, Ferric Maltol)
Einnahme solo, nüchtern, mit Vitamin C
alle 6–8 Wochen kontrollieren
Genetik berücksichtigen
EVER - Iron Optimization Protocol
Das EVER Iron Optimization Protocol bietet:
gezielte Auswahl and Premium Produkten mit hoher Bioverfügbarkeit
Angepasste Dosierung
Entzündungsmanagement
Mikrobiomstrategie
nachhaltige Wiederauffüllung & Stabilisierung
Es ist ein erprobtes und praxisorientiertes Protokoll, um Eisen wieder in Zielbereiche zu bringen – und dort zu halten.
Zusammenfassung und mögliche nächste Schritte
Führe einen Premium-Präventionscheck durch, um deine Eisen Versorung im Gewebe zu bestimmen.
Teste deine Eisenversorgung richtig (siehe oben) – und optimiere sie strukturiert mit dem Iron Optimization Protocol in der EVER App.
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Referenzen
[1] Nielsen P. Eisenmangel: Medizinisches Problem oder Befindlichkeitsstörung? MMW Fortschr Med. 2018;160(22):22–25.https://link.springer.com/article/10.1007/s15006-018-0684-9
[2] AWMF Leitlinie 025/021 Eisenmangelanämie.https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/025-021l_S1_Eisenmangelanaemie_2021-11.pdf
[3] Intravenöse Eisensubstitution bei chronischer Erkrankung. DMW. 2019;144(14):969–977.https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/a-0810-8596
[4] Eisenmangel und Immunfunktion – Onkopedia Leitlinie.https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/eisenmangel-und-eisenmangelanaemie




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